Die Wissenschaftsstadt Darmstadt lädt gemeinsam mit vielbunt e.V. und HuK – Homosexuelle und Kirche e.V. zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 30. Jahrestags der Abschaffung des §175 StGB ein.
Der Paragraph 175 des deutschen Strafgesetzbuches erklärte sexuellen Kontakt zwischen Männern zu einer kriminellen Handlung. Im Nationalsozialismus wurde der §175 erheblich verschärft. Rund 50.000 Männer wurden zwischen 1935 und 1945 nach § 175 verurteilt, bis zu 15.000 von ihnen in Konzentrationslager deportiert, tausende dort ermordet.
Die Bundesrepublik übernahm den § 175 im Jahr 1949 unverändert von den Nationalsozialisten. Männer, die vor 1945 aufgrund homosexueller Handlungen verfolgt worden waren, wurden deshalb nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt. In der BRD herrschte ein massiver Verfolgungsdruck. Mehrfache Versuche, eine Abschaffung oder zumindest eine Abschwächung zu erreichen, scheiterten an der christlichen Moralvorstellung in Gesellschaft und Justiz.
In der DDR galt ab 1950 der § 175 in seiner abgeschwächten Form aus der Zeit der Weimarer Republik, bis er 1968 komplett gestrichen wurde. Trotzdem gab es bis 1989 gemäß dem § 151 des Strafgesetzbuchs der DDR unterschiedliche gesetzliche Altersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen. Erstmals wurden hier auch erwachsene Frauen in die Strafbarkeit einbezogen. Erst 1994, vor nun 30 Jahren, wurde §175 im Zuge der Wiedervereinigung in der BRD aus dem Gesetzbuch gestrichen. Seit 2022 erinnert in Darmstadt das Mahnmal „Die Schattenseite des Regenbogens“ des Würzburger Architekten und Künstlers Matthias Braun an die Opfer des § 175.
Die Gedenkveranstaltung am 10. Juni 2024 beginnt um 18 Uhr am Mahnmal “Im Schatten des Regenbogens” auf der Theaterwiese zwischen Haus der Geschichte und Welcome Hotel.
Anschließend findet gegen 19 Uhr ein Generationengespräch im Eckhardt-G.-Franz-Saal im Haus der Geschichte statt. Thema sind die Auswirkungen auf das Leben der queeren Community auch in Darmstadt. Aus den Blickwinkeln unterschiedlicher Generationen werden der historische Kontext des §175, seine Bedeutung für die queere Community sowie Entwicklungen und Herausforderungen auf dem Weg zu Gleichstellung und Akzeptanz thematisiert.
Die Veranstaltung ist als Auftakt einer Veranstaltungsreihe zu verstehen. Es ist geplant, mit nachfolgenden Angeboten auch andere Perspektiven der queeren Community zu unterschiedlichen Themen in den Blick zu nehmen.
Eine Anmeldung zu der Veranstaltung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei. Das Haus der Geschichte ist barrierearm ohne Stufen zugänglich.