Solidarität mit verfolgten queeren Aktivist*innen in unserer polnischen Partnerstadt Płock

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Die Lage für queere Menschen in Polen wird zunehmend besorgniserregender: während auf gesellschaftlicher Ebene Menschen teils gewalttätig attackiert werden, schränken queerfeindliche Politiker*innen auch rechtlich die freie Entfaltung durch das Errichten von sogenannten “LGBT-ideologiefreien Zonen” ein. Nun ist die Verfolgung von queeren Aktivist*innen auch in Darmstadts Partnerstadt Płock angekommen mit gravierenden Folgen. Deshalb müssen wir auch hier unsere Stimme erheben.

“LGBT” dargestellt als Sünde

“Geld”, “Gier”, “Stolz”, “LGBT”, “gender” und “Homosexualität” – diese und weitere Begriffe wurden zum Osterfest im Jahr 2019 an einer Kirche in unserer Partnerstadt Płock in einer “Kunstinstallation” als Sünden präsentiert. Dieser offensichtlich queerfeindliche Akt blieb von Elżbieta Podleśna und zwei weitere Aktivist*innen nicht unkommentiert. Sie zeigten Farbe und druckten Plakate, auf denen die Schwarze Madonna von Tschenstochau mit einem regenbogenfarbigen Heiligenschein zu sehen war. Rechte Kreise bezeichneten das Geschehen laut OKO.press als “Angriff auf die Kirche”, während Politiker*innen von “Entweihung” sprachen. Jetzt drohen ihnen aufgrund dieser Protestaktion bis zu zwei Jahre Haft, da dies als Verletzung von religiösen Gefühlen verurteilt werden könnte. 

“Ich wollte mich Verachtung, Hass und Aggression widersetzen.”

Die Motivation der drei Personen ist klar: Sie wollten sich mit einer kreativen Aktion gegen die Hassbotschaft zum Osterfest stellen. Vor knapp einem Monat äußerte sich während des ersten Prozesses eine beteiligte Aktivistin: “Ich wollte mich Verachtung, Hass und Aggression widersetzen.” Dabei werden glücklicherweise auch hierzulande Stimmen lauter, die auf das Spannungsfeld zwischen der freien Meinungsäußerung und dem Eingreifen der Kirche in jene aufmerksam machen.

Wir finden auch: Ein Regenbogen ist kein Verbrechen!

Auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen, darf nicht als Verbrechen gewertet werden. Insbesondere nicht, wenn es durch das bloße Zeigen eines Regenbogensymbols über einem Gemälde oder Bildnis geschieht. Es erinnert sehr stark an die Verfolgung der öffentlichen Verwendung von Regenbogenflaggen in Russland, ebenfalls aber auch an die Ketzerverfolgung im Mittelalter. Aber es passiert im 21. Jahrhundert, in der Europäischen Union, die die Prinzipien des Rechtsstaats kaum verteidigen konnte.

Wir fordern Solidarität – aber auch Handeln.

Wir stehen im Kontakt zu den Aktivist*innen, um zu klären, wie wir hier von Darmstadt aus nicht nur Solidarität zeigen, sondern aktiv etwas an dieser misslichen Lage ändern können. Voraussichtlich am 2. März wird ein Urteil aufgrund ihrer Aktion gefällt.

Bereits in unseren queeren Forderungen für die Kommunalwahl in Darmstadt forderten wir ein Selbstverständnis für den Umgang mit Queerfeindlichkeit in unseren Partnerstädten. Die queere Community darf bei solchen Vorfällen nicht wegschauen, insbesondere die Partnerstadt darf es ebenfalls nicht. Der Zusammenschluss SUQ (Solidarisch Unaufgefordert Queer) wird am 28. Februar 2021 während einer Online-Veranstaltung die Verfolgung von queeren Menschen in Polen und die Hintergründe beleuchten. Bis dahin bleibt es an uns, ebenfalls die Stimme zu erheben und den Dialog zu suchen.